Pressemitteilung des Bündnis „Zwangsräumunungen verhindern“ vom 2. April 2013:
Zwangsräumung einer Familie in Neukölln unter Protest
Heute, Dienstag, den 02.04.2013, wurde in der Reuterstraße 2 in Berlin-Neukölln eine Familie zwangsgeräumt. Um 8.30 Uhr waren bereits annähernd 100 Aktivist_innen vor Ort um die Zwangsräumung zu blockieren.
Ein Sohn hat mit den Eltern einen langjährigen Untermietvertrag. Der Räumungstitel war aber nur auf die Eltern ausgestellt. Obwohl dies bedeutet, dass die Räumung so nicht rechtens ist, wollte die um 9.00 Uhr eingetroffene Gerichtsvollzieherin, Rebecca Schneider, dies nicht anerkennen und rief die Polizei. Nach längeren Verhandlungen gewährte die Gerichtsvollzieherin dem Inhaber des Untermietvertrages die Möglichkeit eine Eilentscheidung vor dem Amtsgericht Neukölln einzufordern.
Das Amtsgericht lehnte die Eilentscheidung ab, lies aber Beschwerde dagegen beim Landgericht zu. Dies wartete die Gerichtsvollzieherin aber nicht ab sondern beantragte während des laufenden Verfahrens Amtshilfe bei der Polizei. Diese war mittlerweile mit mindestens 100 Beamten vor Ort. Diese räumten um 11.00 Uhr gewaltsam die Sitzblockade vor dem Haus und im Hausflur und drangen in die Wohnung ein.
Dort warteten dann Polizei und Gerichtsvollzieherin die Entscheidung des Landgerichtes ab. Diese kam um 14.00 Uhr und war negativ für die Mieter_innen. Damit war die Räumung vollzogen und die Eigentümerinteressen an mehr Profit gegen eine Familie durchgesetzt.
Dass hohe Mieten, Verdrängung und Zwangsräumungen keine Einzelfälle sind wurde während der Blockade deutlich. Viele Nachbar_innen solidarisierten sich und einige berichteten davon, dass auch bei ihnen eine Zwangsräumung ansteht. Die Feststellung des am 14.02.2013 zwangsgeräumten Ali Gülbol hat weiter Gültigkeit: Der Kampf hat erst begonnen.
Dies wird sich schon in einer Woche, am 09.04.2013 erneut in Reinickendorf zeigen, wo die am 27.02.2013 überraschend ausgesetzte Räumung von Rosemarie F. wieder angesetzt ist. Das Bündnis Zwangsräumung verhindern ruft bereits zu Protesten auf.
Zur Geschichte der Zwangsräumung in der Reuterstr. 2 in Neukölln:
Familie K. aus Sri Lanka wohnt seit 15 Jahren in der Reuterstr. 2 in Neukölln. In 2011 gab es aufgrund einer Zwangsversteigerung einen Eigentümerwechsel und drastische Mieterhöhungen. Die Mieter klagten dagegen.
Vor Gericht einigte man sich mit dem neuen Vermieter Marcus Renz gütlich auf eine erträgliche Mieterhöhung und zahlte weiterhin fristgerecht die höhere Miete. Dieser jedoch kündigte der Familie K. ihren Mietvertrag. Auch dagegen legte die Familie Widerspruch ein, woraufhin der Vermieter sie auf Herausgabe der Wohnung wegen Eigenbedarf verklagte. Die Eigenbedarfsklage wird von Eigentümern gern genutzt, um eine Wohnung schnell frei zu bekommen ohne dass eine Instanz nachprüfen könnte, wer dann wirklich einzieht. Auch Marcus Renz besitzt mehrere Wohnungen.
Auch in diesem Fall arbeiten Eigentümer, Gerichte und Gerichtsvollzieherin Hand in Hand. Die Familie hatte keine Chance, weder mit Widersprüchen noch mit Räumungsschutz.
Bündnis Zwangsräumungen verhindern