Abriss Wilhelmstraße – Erhalt bezahlbaren Wohnraums für Geisel (SPD) nicht von Interesse

wilhelm

Es hat sich längst herumgesprochen: Das Wohnhaus Wilhelmstraße 56-59 und in der Folge das ganze Viertel mit fast 1000 Wohnungen, fünf Minuten vom Brandenburger Tor weg, soll platt gemacht werden. Seit Jahren kämpft die gemeinnützigen Bürgerinitiative Wilhelmstraße e.V. gegen den geplanten Abriss.

Hier sollen in Zukunft Residenzen für Reiche entstehen. Seit einem halben Jahr sind die Bewohner der Wilhelmstraße 56-59 schlimmen Schikanen und Vertreibungsversuchen der Entmietungsfirma Wilhelmstr. 56-59 Immobilienentwicklungs-GmbH, die offensichtlich mit einer österreichischen Luxusimmobliengesellschaft, einem Familienunternehmenm Obholzer aus Kufstein / Tirol liiert sind, ausgesetzt. Kürzlich ließ die Immobilienentwicklungs-GmbH sogar illegal eine Wohnung räumen ohne Gerichtsbeschluss. Dagegen wurde eine einstweilige Verfügung vom Amtsgericht erlassen.

Vor drei Jahren wurden die Mieter der Wilhelmstraße 56–59 in einem Brief vom Berliner Senat (nicht etwa vom Eigentürmer!) über den geplanten Abriss und ein eingeleitetes Sozialplanverfahren unterrichtet. Dieser Sozialplan war nachweislich – nach Juristenmeinung – rechtswidrig, denn die Mieter haben Verträge, die sie vor Entmietung wegen Luxusbauvorhaben schützen. Der Senat unterstützte also mit diesem Sozialplan die sinnlose Entmietung.

Vor gut einem halben Jahr hat der Besitzer des Hauses Wilhelmstraße 56-59 gewechselt. Seit Januar werden die Mieter am laufenden Band direkt oder indirekt zum Auszug genötigt und unter Druck gesetzt. Ende April ließ die Entmietungsfirma angeheuerte Arbeiter damit beginnen, die Wandkacheln an der Außenwand des Erdgeschosses und die dahinterliegende Dämmung zu entfernen. Angeblich zum Schutz der Mieter, da ein paar der Kacheln lose gewesen seien. Wären Kacheln lose gewesen, hätten die Eigentümer die Baufirma beauftragt, diese zu ersetzen oder eine Modernisierung in Auftrag gegeben. Dem war nicht so. Der Mieterinititative liegt der Bauauftrag vor, der lediglich Rückbaumaßnahmen beinhaltet. Die ganze Aktion sollte den Mietern suggerieren: hier wird mit dem Abriss begonnen. Die ImmobilienentwicklungsGmbH hatte den Mietern wohl Bauarbeiten angekündigt. Aber die brieflichen Nachfragen mehrerer Mieter (per Einschreiben), was denn die Baumassnahmen zur angeblichen „Gefahrenabwehr“ zu bedeuten hätten, wurden von der Firma nicht beantwortet. Stattdessen wurde mit dem willkürlichen Abriss der Fassade begonnen.

Die Mieter wandten sich ans Bezirksamt Mitte, doch dort sah man bei den „Reparaturversuchen wegen loser Kacheln“ keinen Handlungsbedarf. Sie wandten sich an die Bauaufsicht und erhielten ebenfalls eine ablehnende Reaktion. Auch Bezirkspolitiker haben die dramatische Situation nicht richtig eingeschätzt. Die Mieter mussten selbst aktiv werden und konnten eine einstweilige Verfügung für die Einstellung der Arbeiten vor Gericht erwirken.

Die Mieter wandten sich auch an Bausenator Geisel, der ja laut eigenen Aussagen bestehenden Wohnraum erhalten möchte. Seine Antwort: er bedauere sehr, sich nicht über die Baugenehmigung hinwegsetzen zu können. Wie so oft, fehlt auch hier der politische Wille. Denn der Senat könnte den Neubau sehr wohl verhindern, indem er z. B. feststellt, dass sich dieser Luxusbau in das Baueinsemble Wilhelmstraße nicht einfügt.

Und die Schikanen gehen weiter. Im Müllraum und im Fahrradraum stießen die Mieter – nach der einstwilligen Verfügung – auf weitere Demolierungen. Nachbarn haben beobachtet, wie die Arbeiter – ebenfalls nach der einstwilligen Verfügung – weitere Kacheln an der Außenwand angebohrt und beschädigt haben. Im Wäscheraum wurden – ebenfalls nach der einstwilligen Verfügung – Löcher entdeckt, die vorher nicht da waren. Hinzu kommt, dass diese Immobilienentwicklungs GmbH durch ihre Arbeiter in allen leer stehenden Wohnungen – das sind ungefähr vierzig – die Badewannen, Waschbecken, Türen und ganze Küchenzeilen herausreißen lässt. Eine sinnlose Verschwendung von kostbarem Material. Diese Wohnungen waren noch voll intakt z. T. mit Parkett ausgestattet und einige sind vor nicht langer Zeit sogar renoviert worden. Tausende Menschen wünschen sich solche Wohnungen zu den bezahlbaren Mieten, die hier noch bestehen, sehnlichst.

Ein, zwei Mieter haben sich sogar auf die Seite der Immobilienentwicklungs GmbH Wilhelmstraße 56-59 geschlagen und versuchen nun ebenfalls die verbliebenen Mieter zu überreden, auf die andere Seite der Wilhelmstraße zu ziehen. Aber dann würden sie ihre unkündbaren Mietverträge mit der Zusatzklausel (keine Kündigung wegen Luxussanierung oder Eigenbedarf) verlieren und müssten in zwei, drei Jahren erneut umziehen, da ja das ganze Wohnensemble abgerissen werden soll. Für die Wilhelmstraße 56-59 mit fast 90 Wohnungen besitzen die Eigentümer eine Baugenehmigung, für andere Häuser haben sie bereits Bauanträge gestellt, die selbstverständlich den kompletten Abriss der bestehenden Wohnhäuser beinhalten. Für einen weiteren Teil der Wohnanlage wiederum haben die Eigentümer bereits Bauskizzen entworfen, die bei einem Gerichtsverfahren vorgelegt wurden.

Ein paar Mieter haben dem ständigen Druck nicht standgehalten und sind inzwischen ausgezogen. Es werden mittlerweile auch Abfindungen angeboten. Aber mehrere verbliebene standhafte Mieter wollen sich nicht kaufen lassen, sie wollen wohnen bleiben.

Die Vorstandsmitglieder der Bürgerinitiative bekamen inzwischen mehrere Abmahnungen und eine Strafanzeige wegen Beleidigung der Immobilienentwicklungs GmbH, was eine Vorladung zur Polizei zur Folge hat. Angesichts der Wohnungsnot in Berlin ist der geplante Abriss von fast 1000 Wohnungen eine Schande für Berlin. Eine Schande ist ebenfalls, dass Senat und Bezirksamt Mitte sich weigern, die Eigentümer dazu zu zwingen, den Leerstand zu beseitigen. Das gilt sowohl für Wilhelmstraße 56-59 als auch für die ganze Anlage, in der mehr als 200 Wohnungen leer stehen, zum großen Teil seit mehreren Jahren.

Die die gemeinnützigen Bürgerinitiative Wilhelmstraße e.V. kämpft weiter gegen den geplanten Abriss von fast 1000 bezahlbaren Wohnungen, sie kämpft gegen das Vorhaben, im Zentrum von Berlin ein menschenleeres Viertel entstehen zu lassen mit noch mehr Luxusgeschäften und noch mehr Palästen für Millionäre, die niemand braucht.

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