Eröffnungsredebeitrag, WBA-Demo, 22.09.2012

Wir gehen heute auf die Straße um ein Zeichen zu setzen, ein Zeichen gegen den Abbau von Freiräumen, Sozialen und kulturellen Einrichtungen, gegen die Vertreibung der BewohnerInnen aus Ihren Kiezen, kurzum, gegen eine Stadtumstrukturierung, welche sich unter der Ägide einer neoliberalen Verwertungslogik gestaltet.

Seit geraumer Zeit ist nicht nur der Wohnraum Berlins zu einer immer teureren Ware geworden, die sich nur der leisten kann der das größere Portemonnaie hat, es kreist auch der Pleitegeier der Berliner Fiskalpolitik über den Sozialen Projekten und Freiflächen der Hauptstadt. Was dann mit diesen Menschen geschieht die diese Räume und Freiräume nutzen und als wichtigen Aspekt ihres Lebens sehen ist den Bezirks- und Senatspolitikern in der Konsequenz egal und anstatt sich Gedanken um die Verbesserung der Zustände in den bestehenden Einrichtungen zu machen, wird lieber in ein neues Großprojekt wie dem Flughafen Willi Brandt investiert. Immerhin ein mittlerweile 4,2 Milliarden schweres Mammutprojekt mit über 1,7 Milliarden Mehrkosten, von dem noch nichts weiter fertiggestellt ist als das Abschiebegefängnis, die überflüssigste Investition der gesamten Fehlplanung.

Auch das Berliner Stadtschloss als unnützes Symbol preußischer Tugenden soll wieder aufgebaut werden und schlägt mit 552 Millionen Euro zu buche. Nur zum Vergleich die Sanierung des Seniorentreffs in der Stillen Straße würde angeblich 2,3 Millionen Euro Kosten. Der Seniorentreffpunkt sollte als solches aufgelöst werden und die Besucher auf andere Einrichtungen verstreut werden, was die NutzerInnen zu recht ablehnen. Seit dem 29. Juni ist die Seniorenbegegnungstätte offiziell besetzt. Dieser Zustand wird sich nicht ändern bevor die Bezirkspolitiker eine zufriedenstellende Lösung einräumen.

Mit den genannten Summen wären mehrere sinnvolle Soziale Wohnungbaubrogramme finanzierbar. Notwendig z.B. in der Palisaden Strasse, einem altersgerechten Wohnblock mit 144 Mietparteien, wo nach dem Auslaufen der Förderung die Kostenmieten umgelegt werden sollen. Was eine Verdopplung der Miete auf bis zu 12 EURO den Quadratmeter bedeuten würde.

Auch die Kultureinrichtung KVU (Kirche von unten) in Prenzlauer Berg, ein wichtiger Treff-und Bezugspunkt für die Menschen die diese Räume nutzen steht dies bevor. Der KVU ist zum 31.12.2012 gekündigt worden. Der Eigentümer will die Arkona-Höfe in denen sich die KvU befindet in luxussanierte Eigentumswohnungen umwandeln.

Ebenso betroffen ist der Wagenplatz Rummelplatz in Friedrichshain der seit dem 2.07.2012 akut räumungsbedroht ist , Am 2.07. sollte die Übergabe des beräumten Grundstücks an den Liegenschaftsfonds stattfinden. Solange sich jedoch keine Alternativlösung für den Wagenplatz zeigt, wird die Wagengruppe keine andere Wahl haben, als weiterhin auf ihrem jetzigen Standort stehen zu bleiben.

Schon seltsam das der Berliner Senat sich einerseits mit der kulturellen Vielfalt der Stadt rühmt, aber andererseits und gleichzeitig den Ausverkauf der Stadt und somit die Verdrängung von tausenden Menschen aus der Innenstadt vorantreibt.

Ein ähnliches Bild zeichnet sich in der Linienstraße 206 in Mitte ab. Wohn- und Projekträume sollen schicken Sanierungsplänen weichen um Eigenheimern ein ruhiges und anspruchsvolles Plätzchen im Herzen der Stadt zu hinterlassen. Auch hier sind die vom Eigentümer gestellten Handlungsoptionen lächerlich und inakzeptabel.

Auch vor den Grünflächen der Stadt scheint es offenbar keinen Halten mehr zu geben, der Mauerpark soll eine weitere überflüssige Bebauung erfahren obwohl das nur eine elitäre Minderheit für notwendig hält, ebenfalls das Tempelhofer Feld soll von einem großflächigem Wiesenmeer in einen 62 Millionen teuren Designerpark umgebaut werden. Auch dies kann als eine überflüssige Aufwertungsmaßnahme betrachtet werden, als einen klaren Schritt in Richtung Gentrifizierung und als Marginalisierung finanziell schwächerer.

Alles in allem stellt sich die Frage: Wem gehört die Stadt? Wer die sozialen Errungenschaften in der Stadt aufkündigt, muß den Widerstand der Betroffenen einkalkulieren. Wer über Jahrzehnte gewachsene Strukturen einstampft, darf damit rechnen das wir als Betroffene anfangen unsere eigenen Verträge miteinander zu machen. Ob Investoren, Überplaner und sogenannte politische Verantwortliche darin noch eine Rolle spielen, wird ebenso in Frage gestellt werden, wie die genannten Akteure es mit unseren Rückzugs-, Frei- und Wohnräumen tun.

In diesem Sinne: Gemeinsam gegen Sozialabbau, Verdrängung und den Ausverkauf der Stadt! Für selbstbestimmte, selbstverwaltete, solidarische und unkommerzielle Räume!

WIR BLEIBEN ALLE! MITTENDRIN STATT AUßEN VOR!

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